Interview mit Robert Greve zu SchulePLUS – Ein Netzwerk gegen den Fachkräftemangel

Interview mit Robert Greve zu SchulePLUS – Ein Netzwerk gegen den FachkräftemangelDie Kooperation von Schulen und Unternehmen ist ein mindestens genauso schwieriges wie wichtiges Thema. Beide Seiten können von Kooperationen profitieren, doch die Möglichkeiten, gegenseitig passende Angebote zu finden, sind rar. Das Online-Netzwerk SchulePLUS soll Abhilfe schaffen.

Wir haben mit dem Gründer und Geschäftsführer des Netzwerks, Robert Greve, über die Entstehung der Plattform sowie die Herausforderungen und Chancen für Unternehmen und Schulen gesprochen:

 Hallo Herr Greve, bitte erklären Sie unseren Lesern doch zum Einstieg kurz was SchulePLUS eigentlich ist!

SchulePLUS erleichtert die Zusammenarbeit von Schulen und Unternehmen. Die Plattform ist damit im wahrsten Sinne des Wortes ein Online-Netzwerk für Schulen und ihre Partner. Denn hier finden Schulen passende Angebote für nahezu alle Bereiche der Berufsorientierung und der Berufsvorbereitung. Schon heute vereinbaren Unternehmen über SchulePLUS Kooperationen mit Schulen. Die Zusammenarbeit beinhaltet Bewerbungstrainings, Schülerpraktika und Veranstaltungen, Messeauftritte, Berufe-Parcours und Betriebsbesichtigungen. Obwohl SchulePLUS allen gesellschaftlichen Institutionen offen steht, die sich an Schulen engagieren, hat die Seite scheinbar vor allem einen Nerv bei Unternehmen getroffen. Schülermarketing und die Sicherung von Nachwuchs für das eigene Unternehmen sind dabei nur zwei Schlagwörter.

Wie ist die Idee zu SchulePLUS entstanden?

Vor sieben Jahren haben zwei Mitstudentinnen und ich damit begonnen, Workshops für Schulen zu entwickeln. Wir haben alle auf Lehramt studiert. Mit unseren Workshops wollten wir einerseits Schülern bei der Prüfungsvorbereitung helfen. Andererseits haben wir eine Möglichkeit gesucht, Schulen von innen zu sehen und uns auch ein Stück weit als Gründer versuchen. Wir wollten möglichst viele Schulen kennenlernen, Praxisluft schnuppern und uns ausprobieren. Wir wollten ins Klassenzimmer. Damit haben wir natürlich auch eine Möglichkeit gesucht, uns von unserer Berufsentscheidung „Lehrer“ zu überzeugen. Das erste, was wir festgestellt haben, war, wie schwer es sein kann, Schulen überhaupt zu erreichen. Die Last, die auf den Lehrern und Sekretariaten lag, die wir erreichen wollten, war enorm. Sie ist es noch heute. Mit SchulePLUS haben wir eine Möglichkeit geschaffen, diese Last des Schulpersonals zu mindern und Schulen für externe Angebote einfach erreichbar zu machen.

Welche Probleme löst SchulePLUS?

SchulePLUS erleichtert die Kontaktaufnahme. Ich organisiere eine Summer School und möchte 30 interessierte Schüler aus 11. Klassen aus meiner Region dazu einladen? Kein Problem. Dank der Funktionen von SchulePLUS bin ich nicht darauf angewiesen, dass meine Anfrage den Weg an die richtige Schule und dann auch noch ins richtige Fach des richtigen Lehrers findet. Ich kann den Lehrer, der für meine Anfrage zuständig ist, direkt ansprechen. Ich kann mich mit meinen Angeboten an Schüler wenden. Alle Beteiligten sparen dadurch wertvolle Zeit. Schulen können sich dadurch einen besseren Überblick über Angebote von Unternehmen aller Branchen machen. Was gibt es überhaupt? Was könnte sich lohnen? Wer stellt didaktisch hochwertige Materialien zur Verfügung? Wo kann ich eine Betriebserkundung realisieren?SchulePLUS Startseite

Welche Schulen und Unternehmen nutzen SchulePLUS bereits?

Das Spektrum auf SchulePLUS spiegelt das der wirklichen Welt wider. Alle Schultypen sind vertreten, Grundschulen, Gymnasien, Oberstufenzentren, Universitäten. DAX-Konzerne, Mittelständler und Verbände greifen ebenso auf SchulePLUS zurück wie Ehrenamtliche, kleine Unternehmen oder selbstständige Anbieter von Schulprojekten. Auch hier sind wieder alle Aspekte des Schülermarketings zu entdecken: Stipendien, Messen, Schulprojekte. Wobei gesagt werden muss, dass gerade große Unternehmen momentan interne und externe Aushandlungsprozesse durchlaufen. Ihre Fragen lauten: Womit dürfen wir überhaupt in die Schulen? Was sagt der Gesetzgeber? Was braucht die Schule? Wo muss die Compliance-Abteilung frühzeitig eingebunden werden? Wir beobachten diese Prozesse und sind mittlerweile in Gesprächen mit Unternehmen, Verbänden, Schulverwaltungen und zivilgesellschaftlichen Organisationen, um hierfür die Entwicklung von klaren Leitfäden und Gütesiegeln auf den Weg zu finden. In Zukunft sollen Schulen und externe Partner auf den ersten Blick erkennen können, dass sie mit ihrer Kooperation zum Beispiel keine Grenzen zur unlauteren Werbung berühren.

Gibt es bei SchulePLUS unterschiede je nach Unternehmensgröße?

Für unsere aktuelle Pilotphase war es uns besonders wichtig, allen die gleichen Startchancen zu geben. Es gibt nur Einzelprofile. Das ermöglicht es erst, auch wirklich den richtigen Ansprechpartner zu finden und nicht erneut vor einem großen Firmenschild zu stehen oder erstmal beim Pförtner zu klingeln. Ich habe ein interessantes Angebot gefunden? Dann habe ich auch sogleich die richtige Person, die mir mehr darüber sagen kann. Wenn wir über den anstehenden Deutschlandstart von SchulePLUS reden, werden wir um Anpassungen nicht herumkommen. Konzerne, die in ganz Deutschland Angebote für Schulen vorhalten, werden die Chance bekommen, ihre Angebote nach Regionen zu unterteilen und dabei trotzdem ein einheitliches Portfolio beizubehalten. Hier setzen auch unsere Zusatzangebote an. Damit die Vernetzung zu den Zielgruppen, die erreicht werden sollen, auch wirklich gelingt, bieten wir Serviceleistungen an. Die bestehen aus Coachings für Mitarbeiter, der Organisation von gemeinsamen Veranstaltungen mit Lehrkräften, der Bewertung des didaktischen Gehalts der Unterrichtsmaterialien und der konkreten Vernetzung mit passenden Lehrern. Schule und Wirtschaft sollen einander als Partner leichter kennenlernen können, ohne dass eine der beiden Seiten ihre gesellschaftlichen Aufgaben aus den Augen verliert.

Gibt es für kleinere und größere Unternehmen typische Bereiche in denen sie sich jeweils engagieren?

Obwohl die Unternehmen in ihrer Größe stark voneinander abweichen, ist eines allen gemein. Sie sind auf der Suche nach den besten Bewerbern. Nicht in jedem Fall ist aber der beste Schüler auch der beste Azubi oder Student im Dualen Studium eines Konzerns. Alle Unternehmen bemühen sich daher, zu begeistern und gleichzeitig die Schüler und ihre Stärken kennen zu lernen. Auf SchulePLUS ist regelrecht spürbar, wie Unternehmen jeder Couleur sich gleichzeitig einer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst sind. Das Engagement für Schulen soll bei fast allen dazu beitragen, dem Fachkräftemangel zu begegnen oder ihm vorzubeugen. Dazu suchen nahezu alle Personaler und Unternehmensverantwortliche den Kontakt zu den Kollegen von morgen – mit Praktikumsangeboten, Workshops oder Bewerbungstrainings.

Der Fachkräftemangel ist für viele Unternehmen ein großes Thema. Wie können Unternehmen von SchulePLUS profitieren? Hilft SchulePLUS beim Lösen des Problems Fachkräftemangel (oder anderen Problemen)?

Obwohl SchulePLUS demographische Probleme nicht verschwinden lassen wird, hoffen wir einen Beitrag dazu zu leisten, Schülermarketing und Recruiting effizienter zu gestalten. Wer einen Beruf oder ein Unternehmen bereits im Schülerpraktikum kennengelernt hat, weiß eher, worauf er sich bei einer Bewerbung einlässt. So können Abbruchsquoten, die ja teilweise hohe Kosten verursachen, gesenkt werden. Wenn es gelingt, dass von Seiten der Schulen ein umfassender Überblick über Berufschancen möglich ist und Unternehmen gezielt die richtigen Aspiranten für ihre Karrieren ansprechen können, ist allen sicherlich geholfen.

Wie finanziert sich SchulePLUS?

Die Antwort darauf besteht aus drei Teilen, denke ich. Die bisherige Finanzierung stammt von SWiM Bildung, also dem Unternehmen, das wir selbst vor sieben Jahren gegründet haben. Die mittelfristige Finanzierung wird momentan in Gesprächen mit Investoren, sogenannten Social Venture-Investoren, verhandelt. Da befinden wir uns auf einem sehr vielversprechendem Weg mit mittlerweile mehreren spannenden Angeboten. Wir werden dabei übrigens von einem Netzwerk für Sozialunternehmer, Ashoka, unterstützt. Das hat die Suche nach Geldgebern enorm erleichtert. Langfristig, und das ist der dritte Teil der Antwort werden wir bezahlpflichtige Zusatzleistungen auf SchulePLUS einführen. Das Kernangebot und alle Optionen, um Schulen zu erreichen, werden immer kostenlos bleiben. Allerdings wissen wir von aktuellen Nutzern, dass gerade die großen Unternehmen bereit sind, für einen umfangreicheren Auftritt und eine intensivere Betreuung auch etwas zu bezahlen. Wir finden, ein gesellschaftlich sinnvolles Angebot soll auf eigenen Beinen stehen und nicht für immer von Spenden abhängig sein. Genauso ist es für unser Verständnis von Qualität wichtig, ein Produkt zu entwickeln, dass Unternehmen so weit überzeugt, dass sie dafür bereit sind, etwas zu bezahlen. Gleichzeitig soll so die dauerhafte kostenfreie Nutzung für Schulen querfinanziert werden.

Marketing ist in Bezug auf Schulen ein heikles Thema. Gibt es bei SchulePLUS so etwas wie eine Qualitätskontrolle der Angebote? Wie wird sichergestellt, dass „schwarze Schafe“ draußen bleiben?

Wir arbeiten momentan wie ja bereits angesprochen an einem Leitfaden für diese Fragen. Was an Schulen erlaubt ist und was nicht, hängt momentan tatsächlich noch von den Schulen selbst ab. Auf SchulePLUS haben wir uns entschieden, rein kommerzielle Angebote, die nichts mit Schulkooperation zu tun haben, auszuschließen. Dafür sorgt unsere intensive Qualitätskontrolle im Rahmen unseres sogenannten 24-Stunden-Checks. Weil dieser Check immer morgens um 8 Uhr stattfindet, ist er nicht sonderlich beliebt bei uns im Team. Für den Erfolg von SchulePLUS ist er aber zentral. In Zukunft werden Unternehmen, die mit Schulen kooperieren möchten, die Möglichkeit haben, alle ihre Angebote im Schülermarketing durch uns überprüfen und zertifizieren zu lassen.

 

Welche Pläne gibt es für die Zukunft von SchulePLUS? Was wollt ihr in den nächsten Jahren erreichen?

Momentan beschäftigen uns einerseits der Deutschlandstart von SchulePLUS und andererseits die Weiterentwicklung der Seite an sich. Vergangene Woche haben wir mit der IHK in Potsdam unsere große Auftaktveranstaltung für Brandenburg organisiert. Demnächst stehen vergleichbare Veranstaltungen in weiteren Bundesländern an. Die inhaltliche Weiterentwicklung der Seite soll auch in Zukunft die Stabilität und Übersichtlichkeit der Seite gewährleisten. Darüber arbeiten wir momentan an Zusatzangeboten für alle, die bereits auf der Seite aktiv sind. Dazu gehören technische Verbesserungen, eine Vereinfachung der Suchfunktionen und eine thematische Ausweitung entlang der Aktivitäten, die uns heute schon auf SchulePLUS faszinieren. Langfristig soll ein Siegel für zuverlässige externe Partner entwickelt werden, das für Transparenz und auch didaktische Qualität stehen wird. Dazu kommen Angebote von Unternehmen, die sich in einer offen zugänglichen sogenannten Schülerwelt finden lassen werden. Serviceleistungen für Personaler, wie Beratung oder aktive Vernetzung sind zwei häufig nachgefragte Aspekte. Darauf werden wir reagieren. Trotz alledem werden wir unsere zentrale Aufgabe nicht vernachlässigen und das weiter stärken, was SchulePLUS sein soll: das Online-Netzwerk für Schulen und ihre Partner.

Vielen Dank für das Gespräch! Wir sind sehr gespannt auf den Deutschlandstart von SchulePLUS und wünschen viel Erfolg dafür!

 

Interview mit Robert Greve zu SchulePLUS – Ein Netzwerk gegen den Fachkräftemangel