Blockchain im HR – Jetzt handeln oder Füße hochlegen?

Welche Rolle spielt Blockchain für HR? Von Kryptowährungen im Allgemeinen haben die meisten von uns schon gehört. Doch was hat das eine mit dem anderen zu tun und was bedeutet das für Recruiting & Co?   
Blockchain im HR

Inhalt:

  • Grundlagen
  • Einsatzmöglichkeiten für Blockchain im HR
  • Status Quo

Grundlagen

An dem Begriff Blockchain (Technologie) kam in den letzten Jahren kaum jemand vorbei. Quer durch die Medienlandschaft war der Begriff – mal mehr, mal weniger– so gut wie immer präsent. Zumeist ist der Begriff eng mit den sogenannten Kryptowährungen verknüpft. Dabei ist die Blockchain die Grundlage für diese Währungen. Kurz gesagt handelt sich um eine dezentral verwaltete Authentifizierungsmethode.

Die Blockchain-Technologie ist durch Finanztransaktionen bekannt geworden, da sie immens zu Verbesserungen, Vereinfachungen und mehr Sicherheit im Vergleich zu zentralen Systemen, wie z.B. Banken, führt.

Doch Blockchain hat noch viel mehr zu bieten als die Revolution des Finanzsektors. Auch im HR gibt es zahlreiche denkbare Lösungsansätze, die auf der 2008 entwickelten Blockchain-Technologie basieren.

Und auch wenn der Blick auf manche Trendbarometer besagt, dass sich der Durchbruch auf breiter Ebene möglicherweise erst in den kommenden 5 – 10 Jahren abspielt (Gartner), ist das kein Grund sich nicht jetzt mit den Möglichkeiten dieser Technologie auseinander zu setzen. (Abb. siehe unten: Abflachung des Hypes bei Google Trends / Gartner ordnet die Blockchain als nächstes der „Phase der Desillusionierung“ zu)

Google Trends Blockchain Suchanfragen
Quelle: https://trends.google.com/trends/explore?date=today%205-y&q=BlockchainGartner Hype Cycle 2017

 

Quelle: https://blogs.gartner.com/smarterwithgartner/files/2017/08/Emerging-Technology-Hype-Cycle-for-2017_Infographic_R6A.jpg

 

Einsatzmöglichkeiten für Blockchain im HR

Während einige Blockchain Lösungen in verschiedenen Lebensbereichen – außerhalb der Geldanlage – einsetzbar sind, haben andere einen klaren Fokus auf HR- bzw. Recruiting-Anwendungen.

Einsatzmöglichkeiten von Blockchain
Quelle: Statista; Einsatzzwecke wie die Verwaltung von Echtheitszertifikaten oder die Intelligente Vertragsverwaltung (Smart Contracts) sind immerhin schon einigen Befragten aus mittelständischen Unternehmen zumindest bekannt.

 

Hilfreich ist Blockchain im HR überall da, wo Prozesse sicherer, transparenter und effizienter / schneller gemacht werden können.
So ist es zum Beispiel hilfreich, wenn Lebensläufe so manipulationssicher zertifiziert sind, dass aufwändige Überprüfungen für den Personaler entfallen. Laut Careerbuilder lügt ein überwiegender Teil der Menschen in ihren Bewerbungen. Hinzu kommen natürlich auch noch Ungenauigkeiten, die ebenfalls problematisch sein können. Was liegt also näher, als die Kontrolle zu den Angaben in Lebensläufen zu vereinfachen? Gleich mehrere Blockchain-basierte Dienste treten an, um dieses Problem zu lösen.

So können Zertifizierungen über Anbieter wie Blockcerts vorgenommen, ausgegeben und überprüft werden. Blockcerts ist am MIT Media Lab entstanden und setzt mit seiner Blockchain-Anwendung auf digitale Datensätze, die kryptografisch signiert und damit manipulationssicher nutzbar sind.

Auch Aworker, eine Plattform deren Alpha Version auch für Deutschland verfügbar ist, arbeitet mit intelligenten Blockchain-basierten Verträgen und Job-Empfehlungen durch Freunde.

Überhaupt gibt es auch für Bewerber selbst gute Gründe in Zukunft auf Blockchain zu setzen. Eine schnellere Verifizierung durch Arbeitgeber kann die Jobsuche (und aus Arbeitgebersicht die Stellenbesetzung) immens beschleunigen. Wenn Regierungen, Organisationen und Unternehmen, akademische und berufliche Laufbahnen inklusive Weiterbildungen jeweils via Blockchain zertifizieren würden, wäre das ein Gewinn für alle Beteiligten. Neben dem Geschwindigkeitsvorteil könnten auch sonst übliche Gebühren (Beglaubigungen, etc.) sowie eine Menge bürokratischen Aufwands entfallen.

Es ist nicht nur denkbar, sondern teilweise bereits möglich, dass Datensätze –  sobald sie von einer beliebigen Quelle erstellt und in einem Block gespeichert sind – von HR-Systemen digital akzeptiert werden. Dokumente wie Qualifikationen, Arbeitszeugnisse, Berufserfahrung, ärztliche Bescheinigungen, Adressänderungen, Steuerdaten und vieles mehr könnten ohne eine weitere Notwendigkeit für Überprüfungen verarbeitet werden. Eine Beglaubigung findet einmalig statt. Anschließend daran entstehen aktive Lebensläufe, die sich mit der eigenen Biographie ständig weiterentwickeln können und quasi immer automatisch zertifiziert sind.

Der Einsatz der Blockchain-Technolgie hat hierdurch auch das Potential die Automatisierung von Prozessen, wie sie aktuell auch durch künstliche Intelligenz getrieben wird, deutlich zu beschleunigen.

Weitere Beispiele für Lösungen

Bitwage ist eine Lösung für internationale Gehaltsabrechnung. Durch die Kombination der Blockchain mit der Mobil- und Cloud-Technologie konzentriert sich Bitwage auf die Vereinfachung grenzüberschreitender Zahlungen durch die Verwendung von Bitcoin als Zahlungsmethode. Die Mitarbeiter werden jeweils in ihrer lokalen Währung bezahlt, unabhängig davon wo sie arbeiten. Gerade für international agierende Unternehmen kann das viele Vorteile bedeuten.

Einen ähnlichen Ansatz verfolgt auch das Unternehmen Etch aus London. Etch setzt dabei auf Etherum und zahlt Löhne in Echtzeit aus. Der Arbeitnehmer kann also jederzeit sehen, ob Geld auf sein Konto fließt. Bricht der Geldstrom ab muss der Arbeitgeber damit rechnen, dass auch keine Arbeitsleistung mehr erfolgt.

Dock.io dient zur Verwaltung von Online- und Social-Media-Profilen und möchte den Umgang großer sozialer Netzwerke mit den Daten der Nutzer revolutionieren. Dock.io setzt dabei ebenfalls auf Etherum.

Shocard ist eine Lösung, die vor allem auf Identitätsüberprüfungen spezialisiert ist.

Chronobank ist ein Startup aus Australien. Es kündigt die Blockchain Revolution für das Recruiting an und setzt auf eine, zeitbasierte Kryptowährung, die hierdurch stabil und inflationsgeschützt sein soll.

Caerus Connections bietet eine auf Blockchain basierende Recruiting Plattform, auf der Arbeitgeber und Arbeitnehmer über eine Kryptowährung zusammenfinden können.

120 Blockchain Startups in Deutschland
Quelle: http://lsp.de/blockchain-startups-in-deutschland/

 

 

 

 

Status Quo

In vielen Fällen sind es vor allem juristische oder steuerliche Aspekte, die der weiteren Entwicklung der Blockchain-Technologie im Wege stehen.
Ebenso wie die Verfügbarkeit – sind doch viele Anbieter derzeit nicht deutschsprachig, obwohl es durchaus eine ansehnliche Zahl deutscher Blockchain-Startups gibt. Weltweit betrachtet konnten wir bei unserer Recherche jedenfalls feststellen, dass etliche von den 2016 gefeierten und hoch gelobten Startups schon 2018 gar nicht mehr existieren.

Derzeitige Anwendungen sind darüber hinaus stark vom B2B Geschäft geprägt. Anwendungen, die Arbeitnehmer ansprechen sind rar.

Und das im HR unbeliebte Thema DSGVO /GDPR, dass den Talenten das „Recht auf Vergessen“ einräumt, macht es für die Plattformen nicht einfacher sich durchzusetzen. Schließlich sind die einmal in der Blockchain eingetragenen Daten dazu gedacht eben nicht mehr gelöscht zu werden.

Insgesamt muss sich also erst noch zeigen, ob Gartner mit seiner Prognose recht behält und die Blockchain-Technologie noch weitere fünf oder sogar 10 Jahre braucht um sich vollends zu etablieren. Unter den gegebenen Voraussetzungen anzunehmen, Blockchain würde das „Plateau of Productivity“ (Gartner Hype Cycle) für einen größeren Teil der Unternehmen in weniger als 5 Jahren erreicht, ist unserer Einschätzung nach wagemutig. Einen besseren Zeitpunkt als jetzt, um sich auf die Technologie vorzubereiten, gibt es aber wohl kaum.