Der Wettbewerb um Nachwuchskräfte ist intensiver denn je. Unternehmen stehen vor der Herausforderung, neue Wege im Azubi-Marketing zu finden. Klassische Werbung und konventionelle Ansätze erreichen die Zielgruppe oft nicht mehr. Hier setzt die Arbeitsgruppe „Schülermarketing“ des Bundesverbands Queb an. Unter der Leitung von Torsten Brandt (Bayer) und Martin Prinzing (Fielmann) kommen hier rund 20 Unternehmen zusammen. Gemeinsam arbeiten sie an innovativen Strategien. Sie teilen Erfahrungen und suchen nach neuen Ideen, um Azubis für ihre Unternehmen zu gewinnen.


(Fielmann)
Die AG „Schülermarketing“ ist eine von insgesamt neun Queb-Arbeitsgruppen. Jede dieser Gruppen widmet sich einem anderen Bereich des Employer Brandings, Personalmarketings oder Recruitings.
Im Azubi-Marketing hat sich ein Ansatz bewährt, den wir im Folgenden näher betrachten wollen: der Aufbau eines Referentenpools. Die Idee dahinter ist einfach. Authentische Geschichten und persönliche Einblicke von Mitarbeitenden – von Azubis bis hin zu erfahrenen Fachkräften – schaffen Vertrauen. Sie erreichen die Zielgruppe oft besser als Hochglanzbroschüren oder standardisierte Werbetexte. Ein gut gepflegter Referentenpool bietet Unternehmen daher die Chance, ihre Arbeitswelt glaubwürdig und nahbar zu präsentieren. Darüber hinaus erklärt er nicht nur, was die Inhalte der Ausbildungen und dualen Studiengänge sind. Sondern vor allem, was man danach alles damit machen kann.
Gute Gründe für einen Referentenpool
Der Fachkräftemangel ist spürbar und der Bedarf an Nachwuchskräften wächst. Unternehmen konkurrieren um die besten Azubis. Viele Unternehmen in der AG Schülermarketing sehen, dass klassische Methoden wie Werbung und Hochglanzbroschüren oft nicht mehr wirken. Junge Menschen von heute suchen stattdessen nach echten Einblicken und Vorbildern. Sie wollen wissen, wie der Alltag in einem Beruf aussieht und wie Mitarbeitende darüber denken.
„Ein gut aufgebauter Referentenpool ist Gold wert. Die Schüler hören auf echte Geschichten von echten Menschen“, so Sabine Schumacher von BASF. BASF ist bereits seit vielen Jahren Mitglied der AG ist. In der Gruppe tauschen sich Mitarbeitende verschiedener Unternehmen und Abteilungen aus. Alle haben ganz unterschiedliche Werdegänge. Sie sprechen über ihren eigenen Weg im Unternehmen und teilen ihre Erfahrungen.
Schritt-für-Schritt zum Aufbau eines Referentenpools
Ein Referentenpool bringt einen großen Mehrwert für das Azubi-Marketing. Der Aufbau erfordert jedoch eine durchdachte Planung und gezielte Schritte. In der AG Schülermarketing definierten die Unternehmen eine klare Struktur, die sie als besonders hilfreich empfanden.
Schritt 1: Auswahl geeigneter Referenten
Der erste Schritt besteht darin, passende Mitarbeitende aus allen Unternehmensbereichen zu gewinnen. Diese Personen repräsentieren das Unternehmen mit ihrem authentischen Auftreten. Sie müssen die Unternehmenskultur ehrlich widerspiegeln. Hier geht es nicht um „perfekte“ Geschichten. Vielmehr überzeugen Referenten durch offene, echte Erfahrungen. Unterschiedliche Perspektiven bereichern den Pool – von Azubis, die gerade starten, bis zu erfahrenen Mitarbeitenden, die auf ihre Berufswege zurückblicken. So entsteht für potenzielle Azubis ein vielfältiges Bild. Ehrliche Einblicke schaffen Vertrauen und machen die Erzählungen nahbar.
Schritt 2: Motivation und Unterstützung
Nicht jeder Mitarbeitende fühlt sich sofort bereit, als Referent aufzutreten. Deshalb braucht es Motivation und Unterstützung. Es hilft, den potenziellen Referenten die Vorteile ihrer Rolle bewusst zu machen. Einige Unternehmen setzen auf kleine Anreize, um das Engagement zu fördern. Doch der wichtigste Faktor bleibt das eigene Interesse der Referenten. „Wir freuen uns so sehr über das echte Interesse und die Motivation so vieler Kolleginnen und Kollegen, die uns bei der Arbeit mit den Jugendlichen unterstützen. „Wöchentlich melden sich Mitarbeitende, die mitmachen möchten – und das zusätzlich zu ihren eigentlichen Aufgaben“, sagt Sabine Schumacher von BASF. Sie ist sich sicher, dass „die Geschichten nur durch persönliches Engagement authentisch und überzeugend sind.“
Schritt 3: Schulung und Vorbereitung
Eine professionelle Vorbereitung zählt zu den wichtigsten Elementen. Die AG „Schülermarketing“ besprach zuletzt mehrere Schulungsthemen, die den Referenten helfen. Dazu zählen Präsentationstechniken und der Umgang mit Nervosität. Auch das Storytelling steht im Fokus. Referenten lernen, ihre Erlebnisse lebendig und strukturiert zu erzählen. Schulungen helfen auch im Umgang mit kritischen Fragen und geben Sicherheit. So wirken die Referenten in ihren Erzählungen glaubwürdig und selbstbewusst.
Schritt 4: Regelmäßige Feedback-Gespräche zwischen HR und den Referenten
Um den Erfolg des Referentenpools langfristig zu sichern, sollten regelmäßige Feedback-Gespräche zwischen HR und den Referenten stattfinden. In diesen Gesprächen können beide Seiten äußern, was gut funktioniert und wo es Potenzial für Verbesserungen gibt. Referenten erhalten die Möglichkeit, über ihre Erfahrungen zu berichten und Feedback zu geben, das für künftige Einsätze wichtig ist. HR kann außerdem auf die Bedürfnisse der Referenten eingehen und gezielt Anpassungen oder Unterstützung anbieten. Diese Gespräche fördern nicht nur die Qualität des Referentenpools, sondern auch die Motivation der Teilnehmenden.
Schritt 5: Aktualisierung und regelmäßige Überprüfung des Pools
HR sollte den Referentenpool regelmäßig überprüfen und aktualisieren. So bleiben die Geschichten und Perspektiven der Referenten aktuell und relevant. Mitarbeitende wechseln Positionen oder verlassen das Unternehmen. Und auch die Erwartungen der Zielgruppe ändern sich. Unternehmen sollten daher regelmäßig neue Referenten einbinden und veraltete Geschichten durch aktuelle ersetzen.
Schritt 6: Feedback und kontinuierliche Verbesserung
Der Erfolg der Einsätze lässt sich durch Feedback von potenziellen Azubis und von den Referenten selbst bewerten. Feedback hilft, die Ansprache der Zielgruppe zu verbessern und den Referentenpool stetig weiterzuentwickeln. Ein kurzes Nachgespräch nach jedem Einsatz kann wertvolle Hinweise liefern. Unternehmen können so gezielt Anpassungen vornehmen und die Wirksamkeit des Pools steigern.
Schritt 7: Motivation und Wertschätzung der Referenten
Um die langfristige Motivation der Referenten zu sichern, sind Anerkennung und Wertschätzung entscheidend. Unternehmen könnten regelmäßige Events oder kleine Belohnungen für engagierte Referenten einführen. Dies fördert das Engagement und stärkt die Bindung zum Unternehmen. So bleibt der Referentenpool aktiv und attraktiv für neue Interessenten.
Einsatzmöglichkeiten des Referentenpools
Ein gut aufgestellter Referentenpool lässt sich flexibel in verschiedenen Bereichen des Azubi-Marketings einsetzen. Die AG Schülermarketing hat unterschiedliche Ansätze und Best Practices diskutiert, um die potenziellen Azubis gezielt und authentisch zu erreichen.
Alle Queb Mitgliedsunternehmen handhaben das übrigens jeweils auf ihre Weise. Denn nicht jede der folgenden Maßnahmen kommt in jedem Unternehmen gleichermaßen zum Einsatz. Manche Unternehmen lieben ihre Offline-Events, während andere grundsätzlich darauf verzichten. Es ist wie so oft: Die Maßnahme ist immer nur so sinnvoll, wie sie auch zum Unternehmen passt. Und es liegt in der Natur der Sache, dass kein Unternehmen ist, wie das andere. Unsere Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, dient aber als Inspirationsquelle. Kreativität zur Entwicklung eigener Ideen ist, wie so oft, das A und O.
Offline-Events
Persönliche Begegnungen bieten noch immer eine wirkungsvolle Möglichkeit, um junge Menschen anzusprechen. Unternehmen schicken ihre Referenten – von Auszubildenden bis hin zu erfahrenen Fachkräften – auf Messen, in Schulen oder zu unternehmenseigenen Infotagen. Dort erzählen die Mitarbeitenden aus ihrem Arbeitsalltag und geben Einblicke, die potenzielle Azubis und Berufseinsteiger direkt ansprechen. Solche direkten Gespräche schaffen Vertrauen und erlauben einen Austausch auf Augenhöhe.
Social Media und digitale Formate
Social Media bietet zahlreiche zusätzliche Kanäle, um die Zielgruppe zu erreichen. Viele Unternehmen in der AG nutzen Plattformen wie Instagram, TikTok oder YouTube, um ihre Azubis und Mitarbeitenden vorzustellen. Videos sind aus Social Media einfach nicht mehr wegzudenken. Referenten berichten in kurzen Videos von ihren Erfahrungen oder gehen sogar live und beantworten Fragen in Echtzeit. 2025 wird es spannend zu sehen, wie es mit der Nutzung der Social-Media-Kanäle weitergeht. Noch vor nicht allzu langer Zeit war X (ehemals Twitter) fester Bestandteil der Kommunikation vieler Unternehmen. Da Mark Zuckerberg Facebook gerade grundlegend umgestaltet, bleibt unklar, wie sich dies auf Tochterunternehmen wie Instagram und WhatsApp auswirken wird. Zwei weitere Social-Media-Plattformen, die unter anderem im Recruiting häufig zum Einsatz kommen.
Interne Veranstaltungen für neue Azubis
Der Referentenpool kann auch innerhalb des Unternehmens wertvolle Arbeit leisten. Zum Beispiel bei Veranstaltungen für neue Azubis, bei denen erfahrene Mitarbeitende die Unternehmenskultur und Karrierewege vorstellen.
Partnerschaften mit Bildungseinrichtungen
Ein Referentenpool hilft auch bei Kooperationen mit Schulen und Hochschulen. Bei „Career Days“ oder „Azubi-Workshops“ berichten Mitarbeitende von ihrer Arbeit und wecken so Interesse.
Virtuelle Schnuppertage und Job Shadowing
Unter anderem virtuelle Programme ermöglichen potenziellen Azubis Einblicke in den Arbeitsalltag, ohne vor Ort zu sein. Mitarbeitende geben hier persönliche Einblicke über digitale Plattformen.
Alumni-Programme
Ehemalige Azubis sprechen über ihre eigenen Karrierewege. Sie zeigen, welche Möglichkeiten die Ausbildung im Unternehmen eröffnet.
Fazit und Ausblick
Ein Referentenpool stärkt das Azubi-Marketing und macht Unternehmen greifbar. Mitarbeitende aus allen Bereichen erzählen ihre Geschichten und schaffen so Vertrauen. Diese Einblicke wecken bei jungen Talenten Interesse und zeigen, was das Unternehmen ausmacht.
„Ein Referentenpool bringt frischen Wind ins Azubi-Marketing. Er zeigt, wie lebendig und vielfältig ein Unternehmen wirklich ist“, sagt Torsten Brandt von Bayer und Leiter der Queb-Arbeitsgruppe Schülermarketing.
„Gerade in einer sich ständig wandelnden Arbeitswelt ist es entscheidend, den Status quo im Azubi-Marketing immer wieder zu hinterfragen. Dabei kann es nicht nur spannend sein, neue Ansätze zu entwickeln, sondern auch bewährte Methoden modern und zeitgemäß neu zu interpretieren“, ergänzt Martin Prinzing von Fielmann und Co-Leiter der Queb-Arbeitsgruppe Schülermarketing.
Der demografische Wandel macht den Aufbau solcher Pools in Zukunft fast unerlässlich. Der Kampf um Nachwuchstalente wird sich weiter verstärken. Und Unternehmen müssen auf authentische, persönliche Ansprache setzen, um junge Menschen zu erreichen. Ein gut strukturierter Referentenpool hilft, langfristig als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen zu werden und die nötigen Fachkräfte zu sichern. Darüber hinaus fördert er auch das „Miteinander“ der verschiedenen Generationen, die sich manchmal gegenseitig belächeln, anstatt voneinander zu lernen. Wer frühzeitig in diese Art des Schülermarketings investiert, wird in den kommenden Jahren einen klaren Vorteil haben.
