Diverlyze bietet neue Wege bei der Messung und Verbesserung von Diversität, Gleichstellung und Inklusion (DEI) in Unternehmen. Das Hamburger Start-up bietet hierfür ein umfassendes 360°-Instrument zur Unterstützung von Unternehmen an.
Im Interview mit den drei Gründern erfährst Du mehr über die Vision der datenbasierten DEI-Plattform, warum deren automatisierte Pulse-Checks eine beeindruckende Antwortrate von 75 % erzielen und wie die maßgeschneiderten Lösungen der Plattform echte Veränderungen in Unternehmen bewirken.
Wer sich tiefergehend für das Thema Diversity interessiert, sei ein Blick in das Queb Whitepaper „Diversity – Ein Schlüssel zum nachhaltigen Unternehmenserfolg“ empfohlen.
Stellt Euch bitte kurz vor und beschreibt die Idee Eures Projektes!
Kim: Moin! Wir sind Lisa Ohlow, Louis Ohlow & Kim-Leandra Ide – Gründer*innen & Geschäftsführer*innen des in Hamburg ansässigen Start-ups Diverlyze. Wir haben die erste Plattform entwickelt, die eine datenbasierte Messung & nachhaltige Verbesserung von Diversität, Gleichstellung & Inklusion (DEI) in Unternehmen ermöglicht.
Aus welchem Bedarf heraus ist Eure Idee entstanden?
Lisa: Wir haben aus intrinsischer Motivation gegründet: Kim und ich haben die Erfahrung gemacht, dass wir in der Arbeitswelt aufgrund unseres Geschlechts benachteiligt wurden. Durch unsere Masterthesis haben wir erforscht, dass es nicht nur uns so geht. Das Problem? Viele Unternehmen sind sich dessen oft nicht bewusst. Wir haben unter anderem vielen Top-Manager*innen die Frage gestellt: „Sind Frauen bei euch im Unternehmen gleichgestellt?“ Die Antwort war meist: „Wir denken schon.“ Das hat uns gezeigt, dass es in diesem Bereich viel Unwissenheit, versteckte Probleme und keine umfassende Lösung gibt. Das war die Geburtsstunde von Female Lights (heute Diverlyze). Wir wollten Glauben in Wissen umwandeln und datengestützte Antworten liefern.
Diverlyze verspricht eine „All-in-One-Lösung“ für Diversität, Equity und Inklusion (DEI). Könnt ihr kurz erklären, was das genau bedeutet?
Kim: Wir verstehen Diverlyze als ein umfassendes 360°-Instrument, das Unternehmen in allen Aspekten des Diversity Managements unterstützt. Konkret bedeutet das:
- Analyse: Das Tool zeigt, wie divers eine Organisation ist und identifiziert die Pain Points der verschiedenen Diversity-Gruppen (z. B. Frauen, Menschen mit Behinderung).
- Optimierung: Basierend auf diesen Erkenntnissen werden maßgeschneiderte Optimierungsmaßnahmen zur Verbesserung des Status quo ausgegeben.
- Umsetzung: Wir unterstützen bei der praktischen Umsetzung der empfohlenen Maßnahmen.
- Kontrolle: Der Erfolg der umgesetzten Maßnahmen wird laufend überprüft.
So stellen wir sicher, dass ALLE Probleme erkannt und die notwendigen Maßnahmen umgesetzt werden und nicht nur ziellos ins Blaue geschossen wird.
Euer Tool misst und visualisiert DEI-Kennzahlen automatisch. Wie funktioniert dieser Prozess konkret, auch hinsichtlich der sieben Dimensionen?
Lisa: Wir erheben unsere Daten durch sogenannte Pulse-Checks, die ähnlich wie Umfragen funktionieren, jedoch deutlich moderner und effizienter gestaltet sind. Der Prozess ist so aufgebaut, dass er zeitsparend ist und gleichzeitig eine hohe Teilnahmequote erzielt – unsere durchschnittliche Antwortrate liegt bei beeindruckenden 75 %.
Intern versenden wir beispielsweise dreimal pro Woche kurze, prägnante Fragen an die Mitarbeitenden. Zusätzlich pflegt jede Person anonym ein Profil, in dem Angaben zu den sieben Diversitätsdimensionen gemacht werden. Diese Dimensionen, die von der Charta der Vielfalt definiert wurden, umfassen beispielsweise Geschlecht, Behinderung und ethnische Herkunft.
Durch die Kombination dieser Methoden können wir ein genaues Bild der tatsächlichen Diversität, Gleichstellung und Inklusion innerhalb der Organisation zeichnen.
Wie geht Ihr mit dem sensiblen Thema Datenschutz um? Immerhin geht es hier um besonders sensible Daten.
Louis: Das ist tatsächlich eine der meistgestellten Fragen. Unser Tool ist mit diversen Sicherheitsmechanismen ausgestattet, um den Schutz der Daten unserer Nutzer*innen zu gewährleisten. Dazu gehören etwa die Anonymisierung der erhobenen Ergebnisse, die ausschließliche Datenspeicherung in Deutschland, eine sorgfältige Prüfung der Cybersicherheit entlang der gesamten Produktlieferkette sowie der Einsatz von Firewalls. Darüber hinaus arbeiten wir eng mit einem externen Datenschutzbeauftragten zusammen, um höchste Standards einzuhalten.
Wie lange dauert es typischerweise von der Implementierung bis zum ersten aussagekräftigen Analysebericht?
Louis: Unter idealen Bedingungen dauert es etwa 8 Wochen.
Ihr bietet den Unternehmen automatisierte Optimierungsmaßnahmen an. Wie individuell sind diese auf das jeweilige Unternehmen zugeschnitten? Und könnt Ihr einige typische Maßnahmen nennen?
Kim: Unser Backend verfügt über einen umfangreichen Katalog mit hunderten Maßnahmen. Die Plattform analysiert die Ergebnisse des jeweiligen Unternehmens und schlägt je nach identifiziertem Pain Point und relevanter Diversitätsdimension individuell passende Maßnahmen vor. Diese können beispielsweise von Gender-Bias-Workshops über die Anpassung des Speisenangebots an religiöse Vielfalt bis hin zur Einführung einer Null-Toleranz-Politik reichen.
Welchen konkreten Mehrwert bietet Diverlyze gegenüber traditionellen DEI-Ansätzen oder -Umfragen?
Lisa: Der Mehrwert von Diverlyze liegt darin, dass wir jeden Schritt des Diversity Managements – von der Datenerhebung über die Umsetzung bis zur Erfolgskontrolle – datenbasiert unterstützen, sodass keine Entscheidungen aus dem Bauch heraus getroffen werden. Zusätzlich wird dem unternehmensinternen DEI-Team zeitsparend eine Vielzahl von Aufgaben abgenommen, da unser Tool automatisiert arbeitet.
Ein besonderer Vorteil ist, dass wir Unternehmen Daten liefern, die normalerweise eine Blackbox bleiben: Aus Datenschutzgründen können nur Daten zu Geschlecht, Alter und Behinderung erhoben werden. Diverlyze liefert auch Einblicke in Dimensionen wie Religion, soziale und ethnische Herkunft sowie sexuelle Orientierung.
Was uns außerdem auszeichnet: Auch die Stimmen unterrepräsentierter Gruppen werden in unseren Analysen deutlich sichtbar und finden Gehör. In traditionellen Umfragen gehen diese oft in den kumulierten Werten unter.
Und schließlich bieten wir ein Markt-Benchmarking, das es Unternehmen ermöglicht, ihren DEI-Status mit dem Marktdurchschnitt zu vergleichen.
In Eurer Bewerbung auf die Queb HR Innovation Awards 2024 erwähnt Ihr eine durchschnittliche Antwortrate von 70 % bei den Pulse-Checks. Wie schafft Ihr es, die Mitarbeitenden so gut zu erreichen?
Kim: Wir haben zwei entscheidende Erfolgsfaktoren identifiziert:
1. Diversität ist ein sensibles Thema. Durch gezielte Onboarding-Schritte zeigen wir den Mitarbeitenden, dass hinter Diverlyze ein engagiertes Team steht, das mit Herzblut an diesem Thema arbeitet. Als externe Partei können wir Vertrauen aufbauen und sicherstellen, dass die Daten in sicheren Händen sind.
2. Unsere Pulse-Checks sind sehr benutzerfreundlich gestaltet. Mit einem modernen Design, einer Beantwortungszeit von nur 30 Sekunden und dem Einsatz von Gamification-Elementen schaffen wir ein positives Nutzer*innenerlebnis. Gleichzeitig fördern wir das Bewusstsein für DEI-Themen, sodass die Nutzung unseres Tools nicht nur effektiv, sondern auch motivierend ist.
Welche Herausforderungen siehst Du für Unternehmen bei der Implementierung und Nutzung von Diverlyze?
Louis: Technische Herausforderungen sehe ich kaum, da Diverlyze als Webapplikation konzipiert ist. Das heißt, sie lässt sich leicht in bestehende Systeme integrieren, was sowohl IT-Teams als auch Betriebsräte freut. Unsere Lösung ist zudem Compliance-seitig abgesichert, und wir benötigen kaum Daten von den Unternehmen, da unsere Plattform die relevanten Informationen selbstständig sammelt.
Die eigentliche Herausforderung liegt im Mindset: Diverlyze ist ideal für Unternehmen, die mutig und offen an das Thema herangehen und wirklich etwas bewegen wollen. Denn wenn wir Daten sammeln, dann sollte auch damit gearbeitet werden, um sicherzustellen, dass die Mitarbeitenden positive Veränderungen erleben.
Zum Abschluss ein Blick in die Zukunft: Wie siehst Du die Entwicklung von KI-gestützten DEI-Lösungen in den nächsten Jahren?
Louis: KI-gestützte DEI-Lösungen werden in den kommenden Jahren eine wichtige Rolle spielen. Wir erwarten, dass KI personalisierte und präzisere Empfehlungen für DEI-Initiativen ermöglicht, viele Prozesse automatisiert, die Erkennung unbewusster Vorurteile verbessert und bei der Analyse qualitativer Daten hilft.
Andererseits birgt KI auch Risiken: So besteht die Gefahr, dass bestehende Vorurteile in den Trainingsdaten der KI reproduziert oder sogar verstärkt werden, was zu unfairen Empfehlungen und diskriminierenden Entscheidungen führen kann. Ein weiteres wichtiges Thema ist der Datenschutz, da KI-Systeme sensible personenbezogene Daten verarbeiten und damit das Risiko von Datenschutzverletzungen steigt.
Wir bedanken uns herzlich bei Lisa Ohlow, Louis Ohlow und Kim-Leandra Ide für das inspirierende Gespräch und die spannenden Einblicke in Diverlyze. Wir wünschen Euch weiterhin viel Erfolg auf Eurem Weg, um Unternehmen bei der Umsetzung nachhaltiger DEI-Strategien zu unterstützen.
Dieses Interview führte:
Dominik Bernauer ist Berater, Autor, Blogger und Ghostwriter. Sein Themenspektrum erstreckt sich über diverse Bereiche wie, Employer Branding, HR, New Work, Digitalisierung, Medien, Marketing und Technologie. Seit mehr als 15 Jahren unterstützt Dominik Unternehmen und Organisationen dabei, sich in diesen komplexen Themenfeldern zurechtzufinden und ihre Ziele zu erreichen.