Hacker School: Hack den Fachkräftemangel!

 07. Dezember 2022
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Junge Menschen für ein Berufsbild zu begeistern, ist eine sinnvolle Möglichkeit, dem Fachkräftemangel vorzubeugen.
Die Hacker School macht genau das. Sie möchte Schüler, insbesondere Mädchen und Frauen für IT-Berufe begeistern und mögliche Hürden oder Vorurteile abzubauen.

Wie das Programm der Hacker School funktioniert und wie Unternehmen sich daran beteiligen können, haben wir Dr. Julia Freudenberg, die Geschäftsführerin der Hacker School gefragt!

Stell Dich doch unseren Lesern bitte einmal kurz vor!

Hacker School: Hack den Fachkräftemangel! |Julia Freudenberg

Ich bin Julia Freudenberg, die Geschäftsführerin der Hacker School und arbeite mit meinem Team dafür, die Jugend für das Programmieren und die IT-Welt zu begeistern. Alles nach dem Motto: Hack the world a better place!

Was genau ist die Hacker School?

Als einfache Formel: Wir nehmen 2 IT-ler:innen, packen 10–12 Jugendliche dazu und lassen sie in einem Kurs gemeinsam geilen Sch*** machen.
Etwas ausführlicher: Die IT-Fachkräfte – wir nennen sie Inspirer – kommen aus kooperierenden Unternehmen und arbeiten ehrenamtlich für uns. Sie geben ihre Begeisterung und ihr Know-how in Kursen an ganze Schulklassen. Oder sie vermitteln es an Wochenenden in ihrer Freizeit an die Jugendlichen weiter und vermitteln ihnen Grundlagen im Programmieren, wie etwa mit Python, Scratch, HTML. Das Ganze auf eine spielerische Art und sehr hands-on. Die Jugendlichen programmieren nach kurzer Zeit selbst ihr eigenes Spiel, eine kleine App oder eine Webseite. So erfahren sie, wie kreativ, lustig, kooperativ und spannend die IT ist. Besonders mit unserem Format @yourschool erreichen wir, dass viele Jugendliche – und hier besonders auch die Mädchen –Interesse für das Programmieren entwickeln, die daran vorher nie gedacht haben.
Unsere klassischen 2-Tage-Kurse veranstalten wir vor Ort oder online. Außerdem haben wir mit der GIRLS Hacker School auch noch Angebote, die sich ausschließlich an Mädchen und Frauen richten.

Seit wann und warum gibt es Euch?

Gestartet ist die Hacker School 2014 in Hamburg. Zunächst ging es mit 2 – 3 Sessions pro Jahr vor Ort in Hamburg los, bei denen wir insgesamt so 100 – 200 Jugendliche erreichen konnten. Wir haben das immer weiter gesteigert und die Hacker School als bundesweites Angebot ausgerollt. Wir hatten 2018 eine CITY Hacker School in Karlsruhe, GIRLS Sessions in Berlin, eine Session mit 300 Jugendlichen in München usw. Einen richtigen Schub haben wir dann tatsächlich noch mal 2020 bekommen, als wir coronabedingt unser Angebot auf online @home umstellen mussten. Sehr schnell haben wir das als Chance begriffen und die Zahlen unserer Kursteilnehmenden deutlich gesteigert. Jetzt nähern wir uns den 10.000 pro Jahr. Unser Ziel sind 100.000 Teilnehmer.

Hacker School: Hack den Fachkräftemangel! | Team 2022

Warum liegt Euch die Förderung von Kindern mit IT-Kursen so besonders am Herzen?

Wir leben in einem digitalen Zeitalter, für das es eine adäquate Bildung braucht, zu der programmieren und die 21st-century-skills einfach dazugehören. Noch immer bleiben viel zu viele Kinder und Jugendliche passive Zuschauer der Digitalisierung und verpassen den Startschuss in die IT-Welt und Berufe des 21. Jahrhunderts. Das ändern wir mit unseren Angeboten. Unser Format @home ist zwar – bedingt durch die Pandemie, etwas unfreiwillig geboren – wird aber ein zentrales Angebot bleiben. Dadurch erreichen wir viel besser auch den ländlichen Raum. Die monatlich stattfindende GIRLS Hacker School zeigt, wie wichtig das Angebot eines geschützten Raums zum Experimentieren und sich kreativ zu entfalten für junge Mädchen ist. Noch immer fehlt in der IT-Branche viel weiblicher Nachwuchs. Hier können wir wirklich etwas bewirken. Und @yourschool wächst immer weiter. An den Schulen erreichen wir alle Jugendlichen. Deswegen liegt hierauf in der nächsten Zeit auch unser Fokus. Die Nachfrage auf Seiten der Schulen ist riesig. Wir brauchen dringend noch mehr engagierte Unternehmen und ihre Mitarbeitenden, die Lust haben, mit uns das Thema digitale Bildung effektiv anzugehen.

Was unterscheidet die Hacker School von anderen Angeboten?

Zum einen sind wir gemeinnützig. Wir machen das wirklich, um die Welt ein bisschen besser zu machen. Zum anderen ist unser Konzept einzigartig. Wir betrachten die digitale Bildung als gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die wir gemeinsam lösen müssen. Wir holen alle ins Boot: Die Unternehmen, die uns ihre IT-Fachleute als Inspirer geben; die Schulen, die unsere Kurse in ihre Planung aufnehmen; die Politik, die uns Wege ebnet; die Netzwerke, die uns supporten und nicht zuletzt die Eltern, die begreifen, dass es um die Zukunft ihrer Kinder geht.

Wie funktioniert Euer Partnerprogramm für Unternehmen?

Ganz einfach: durch Mitmachen. Hacker School ist für die Unternehmen eine großartige Möglichkeit, ihre Corporate Social Responsibility mehr auf die Agenda zu bringen und auch nach außen zu zeigen, was das Unternehmen zu bieten hat.
Also, eine Mail an info@hacker-school.de schicken und schon kann die Planung starten. Wir haben ein tolles Team, das die Organisation und Abstimmung übernimmt und eine einfache Roadmap. Wir haben fertige Kurskonzepte, auf die man zurückgreifen kann. Zu technischen und anderen Fragen bieten wir die entsprechenden Onboardings. Man kann bei Interesse auch einfach mal reinschnuppern bei einem Kurs und sich das Ganze anschauen.
Wir haben inzwischen viele Unternehmen in unserem Partnernetzwerk – von der kleinen IT-Firma bis zum Global Player. Für alle ergibt sich ein individueller Mehrwert.

Hacker School: Hack den Fachkräftemangel! | Girls Hacker School 1

Was sollten Unternehmen sonst noch über das Partnerprogramm wissen?

Wichtig ist, dass die Unternehmen die Bedeutung der digitalen Bildung sowohl insgesamt als auch für ihre eigene Zukunft sehen und die Bereitschaft zeigen, ihre Mitarbeiter:innen für unsere Kurse freizustellen. Die IT-ler:innen aus den Unternehmen sollten die Lust mitbringen, den Jugendlichen zu zeigen, wie cool und kreativ programmieren ist und wie viel Spaß es macht, in der IT zu landen. Der Rest ergibt sich dann ganz von allein. Für die IT-ler:innen ist ein Hacker School Kurs in der Regel keine hohe intellektuelle Hürde. Es sind Kurse für Jugendliche ohne Vorkenntnisse. Der organisatorische Aufwand für die Unternehmen ist gering, da wir das übernehmen. Und unsere Kommunikationsabteilung unterstützt sie gerne in der medialen Begleitung.

Welche Vorteile haben Unternehmen, wenn Sie an Eurem Partnerprogramm teilnehmen?

Zunächst einmal zeigen sie gesellschaftliches Engagement. Sie stärken ihr Corporate Volunteering. Die Mitarbeiter:innen geben ihre eigene Leidenschaft für IT an junge Menschen weiter. Das führt auch zu mehr potenziellem Nachwuchs für das Unternehmen: Das Veranstalten einer Hacker School begeistert junge Menschen für das Unternehmen und die Berufswelt IT – vielleicht für Praktikum oder Ausbildung. Es kann auch Impulse durch den direkten Kontakt geben. Der Austausch mit Kindern und Jugendlichen ermöglicht es, die Ansprüche an den Arbeitsplatz der Zukunft besser zu verstehen. Und letztlich tut das Unternehmen etwas für sein Image: Mit der Hacker School wirkt es positiv nach innen und außen durch Geschichten und Bilder für eine nachhaltige Kommunikation.

Wie läuft so ein Kurs mit der Hacker School in etwa ab?

Ein Hacker School Kurs kann online oder vor Ort stattfinden. So oder so, durchlaufen die Inspirer vorher ein Onboarding bei uns, wo sie alles rund um Technik, Ablauf und mehr erfahren. Und natürlich haben sie Zugriff auf unsere Kurskonzepte. Beim Kurs selbst finden zunächst eine Begrüßung und kurze Einführung der Teilnehmenden statt. In der Regel erklären die Inspirer zu Beginn, worum es in dem Kurs inhaltlich gehen wird und checken, ob alle die nötigen Zugänge haben. Anschließend geht es im Pair Programming los. Überwiegend bearbeiten zwei Teilnehmende gemeinsam ihr Projekt, z. B. das Erstellen einer kleinen Webseite mit HTML & CSS. Der Inspirer leitet Schritt für Schritt an, stellt bestimmte Codes auch zur Verfügung oder zeigt, wo was zu finden ist. Sie stehen für Fragen zur Verfügung und können helfen, wenn mal z. B. die Ursache für einen Bug nicht gefunden wird. Aber letztlich programmieren die Jugendlichen den Großteil der Zeit alleine. Zum Abschluss werden dann die verschiedenen Projekte gezeigt und natürlich auch gegenseitig wertgeschätzt.

Hacker School: Hack den Fachkräftemangel! | Hacker School 6

Gibt es Erfahrungswerte, wie häufig Unternehmen Eure Kurse einsetzen? Ist das eine einmalige Sache oder gibt es auch langfristige Kooperationen?

Sowohl, als auch. Aber überwiegend läuft es auf langfristige Kooperationen in verschiedenem Umfang hinaus. Natürlich gibt es auch mal Unternehmen, die sagen: Das schaffen wir gerade nicht regelmäßig. Aber das ist eher die Ausnahme. Meistens sind die Inspirer und andere Unternehmensverantwortliche mit viel Spaß dabei und sehen, dass so ein Kurs nicht viel Aufwand benötigt, aber deutliche Wirkung zeigt. Wir haben Unternehmen, die sind so mit drei bis vier Kursen pro Jahr am Start, andere machen mehr, andere weniger. Wir sagen immer: Jede:r soviel er kann und will. Hauptsache dabei sein!

Wie sieht es mit dem Aufwand aus? Wie viel Zeit und Ressourcen sollten Unternehmen einplanen?

Am Anfang stehen einige Gespräche zur Absprache und Organisation. Intern sind natürlich Termine und Kapazitäten zu klären. Das läuft häufig über die HRler:innen. Wenn im Unternehmen Inspirer gefunden sind, steht für diese ein technisches und inhaltliches Onboarding durch uns auf der Agenda. Und dann ist da letztlich der Kurs, der bei @yourschool vier Stunden dauert und als normaler Kurs zweimal vier Stunden an zwei aufeinanderfolgenden Tagen. Das ist es. Inwieweit sich Inspirer noch zusätzlich vorbereiten oder den Kurs nachbereiten möchten, ist individuell sehr unterschiedlich. Wir von der Hacker School fragen generell noch ein Feedback ab, das aber schnell erledigt ist. Auch die Ressourcen sind bei jedem Unternehmen unterschiedlich. Mindestens 2 Inspirer sollten es pro Unternehmen schon sein. Nach oben haben wir keine Grenze.

Außerdem gibt es noch Euer @yourschool, die Hacker School PLUS und die Girls Hacker School. Worum geht es da jeweils und was sind die Unterschiede?

Mit dem Format @yourschool gehen wir einen Vormittag direkt in die Schulklassen. Wir haben erkannt, dass wir die Schulen mit der digitalen Bildung nicht alleine lassen dürfen und dass wir dort wirklich jedes Kind erreichen können. Das ist letztlich unser Ziel. Wir ergänzen unser Angebot an den Schulen auch mit einer kleinen IT-Berufsorientierung. Hacker School PLUS ist unser Format für sozio-ökonomisch benachteiligte Jugendliche. Wir haben es aktuell an unser yourschool-Format angedockt und gehen damit an die Brennpunktschulen. Das Angebot ist sehr niedrigschwellig: Programmieren ohne Computer, um in das algorithmische Denken einzuführen und einfache Programmierangebote. Und die GIRLS Hacker School ist, wie schon gesagt, ein Format exklusiv für Mädchen und Frauen. Wir haben die Altersspanne hier von 11 bis 99 Jahren gesetzt, weil wir auch die Barrieren gegenüber der IT in den Köpfen von älteren Frauen, die oft auch Mütter sind, einreißen wollen. Wir machen hier tolle Erfahrungen und sind mit wunderbaren Aha-Erlebnissen bei den Frauen konfrontiert. Das macht immer wieder Spaß.

Gibt es außer den Partnerunternehmen noch weitere Möglichkeiten, die Hacker School zu unterstützen?

Man kann die Hacker School jederzeit finanziell unterstützen. Für uns zählt jeder Euro. Und auch Support über Netzwerken und mediale Unterstützung ist natürlich immer willkommen. Es gibt Unternehmen in unserem Netzwerk, die nicht die Möglichkeit haben, selbst Hacker School zu machen, weil sie keine IT-ler:innen haben. Dennoch sind auch sie wertvolle Unterstützer, weil sie mit Spenden supporten oder auf ihren Kanälen über uns berichten und so auf unsere Arbeit aufmerksam machen.

Die Hacker School bietet inzwischen ein sehr breites Angebot für verschiedene Zielgruppen. Was sind Eure Pläne für die Zukunft? Inwieweit spielt der Trend hin zu No-Code / Low-Code Tools für Euch eine Rolle?

Unser Fokus wird bis auf Weiteres die Begeisterung von jungen Menschen für IT sein. Aber wir bekommen schon erste Anfragen, ob wir unser Engagement nicht z. B. auch auf Azubis und Lehrende ausdehnen können – es kommen täglich neue Wünsche dazu. Ich sehe das so: auch wenn wir wissen, dass wir in 10 Jahren kaum noch so programmieren werden wie heute, bin ich jetzt der Auffassung, dass es derzeit der beste Ansatz ist, die 21-century-skills zu erproben und die Ängste vor IT abzubauen. Da es für uns darum geht, hinter die Kulissen zu gucken, gehe ich nicht davon aus, dass wir uns in größerem Umfang für Low-Code engagieren werden – es sei denn, wir versprechen uns dadurch verstärkten Zugang zu marginalisierten Gruppen. Unser Ziel ist es, dass jedes Kind einmal programmiert hat, bevor es sich für einen Beruf entscheidet. Das sind hier in Deutschland mal eben 6,5 Millionen Kids im Alter zwischen 11 und 18 Jahren. Und ich wünsche mir, dass wir 2030 in der Lage sind, jedes Kind in den 8. Klassen in Deutschland zu erreichen – und das behalten wir dann einfach bei 😉.

Danke für die ausführlichen Einblicke in die Hacker School, liebe Julia! Wir wünschen Euch auch für die Zukunft viel Erfolg und drücken die Daumen, dass Ihr die 100.000 Kursteilnehmer pro Jahr bald erreich!