
Stellenanzeigen verbessern – ein Wunsch, den fast alle Unternehmen derzeit verfolgen.
Denn Unternehmen investieren viel Geld in ihr Recruiting. Doch ihre Stellenanzeigen bleiben wirkungslos. Woran liegt das? Michael Eckert zeigt Dir, wie Du aus trockenen Anforderungskatalogen echte Talent-Magnete machst. In unserem Interview teilt er erprobte Methoden, die auch mit begrenztem Budget funktionieren. Und Michael verrät, welche Fehler Du unbedingt vermeiden solltest.
Lass Dich inspirieren und erfahre, wie Du mit einfachen Veränderungen mehr passende Bewerber gewinnst – praxisnah, verständlich und sofort umsetzbar.

Stell Dich unseren Lesern bitte einmal kurz vor!
Moin, ich bin Michael Eckert, 35 ¾ Jahre alt, aus Schleswig-Holstein. Meine Mission ist die Revolution des Recruitings – mit der Präzision eines Chefkochs und der Leidenschaft eines Überzeugungstäters.
2018 startete ich in Berlin in der Personalberatung. Obwohl dieser Bereich sich als nicht ideal herausstellte, entdeckte ich meine wahre Leidenschaft: Menschen zusammenzubringen, die füreinander gemacht sind.
Der Wendepunkt kam mit dem Einstieg ins Projektgeschäft, besonders bei Mercedes-Benz 2022. Dort erkannte ich das Potenzial der Kombination aus starker Marke und strategischem Recruiting.
Heute zeige ich Unternehmen, wie sie Stellenanzeigen von trockenen Anforderungskatalogen in magnetische Talent-Magnete verwandeln – gerne auch mit Kochmütze, denn manchmal braucht es ungewöhnliche Wege für außergewöhnliche Ergebnisse.
Michael, Du bezeichnest Dich selbst als „Chefkoch im Recruiting“ – was steckt hinter diesem Titel, und wie bist Du auf die Idee gekommen, Stellenanzeigen mit einem Kochbuch zu vergleichen?
Die Analogie zwischen Recruiting und Kochkunst basiert auf einer einfachen Erkenntnis: In beiden Welten entscheidet die perfekte Komposition über den Erfolg. Wie ein Spitzenkoch Erlebnisse kreiert, die alle Sinne ansprechen, müssen auch Stellenanzeigen ihre Zielgruppe präzise erreichen.
Die „Zutaten“ – von Anforderungen bis Benefits – müssen in der richtigen Balance zueinander stehen. Die „Temperatur“ – die Tonalität der Ansprache – entscheidet über den Erfolg bei der Zielgruppe.
Diese Küchen-Metapher macht Recruiting greifbar und bietet ein praktisches Framework. Das „Geheimrezept“ liegt in der Authentizität: Wie jeder große Koch seine eigene Handschrift entwickelt, muss auch jede Stellenanzeige den einzigartigen Charakter des Unternehmens transportieren.
Wie würdest Du den aktuellen Zustand von Stellenanzeigen in Deutschland beschreiben? Was läuft Deiner Meinung nach häufig schief?
Die Mehrheit der Stellenanzeigen nutzt nicht einmal grundlegende Marketing-Prinzipien. Sie präsentieren sich als austauschbare Anforderungskataloge – ein strategischer Schwachpunkt im Wettbewerb um Talente. Das Kernproblem: Stellenanzeigen werden als administrative Dokumente behandelt, nicht als das, was sie sind: Werbung für den wichtigsten Schritt im Leben eines Menschen – einen Jobwechsel. Die größten Schwachstellen sind fehlende Marketing-Perspektive, Stilbrüche in der Kommunikation zwischen modernem Employer Branding und veralteten Stellenausschreibungen sowie mangelnde Authentizität.
Du sagst, viele Unternehmen „verbrennen“ Budgets mit ihren Stellenanzeigen. Was sind die häufigsten Fehler, die dazu führen?
Drei vermeidbare Fehler führen zu ineffizientem Einsatz von Recruiting-Budgets:
- Unrealistische Anforderungen wie „Mindestens 5 Jahre Erfahrung“ schrecken qualifizierte Bewerber ab. Besser: „Mehrjährige Erfahrung, idealerweise 2–5 Jahre.“
- Fehlende Transparenz bei Gehaltsangaben. Versteckte Informationen hinter Adjektiven wie „attraktiv“ schaffen Misstrauen. Klare Gehaltsspannen sind ehrlicher und effektiver.
- Unpersönliche Kommunikation durch KI-generierte Texte oder Stockfotos signalisiert mangelndes Interesse und schädigt langfristig die Arbeitgebermarke.
Was macht für Dich eine wirklich gute Stellenanzeige aus? Welche Zutaten dürfen in keinem Fall fehlen?
Eine wirklich gute Stellenanzeige spricht die Sprache der Bewerber und schafft eine Verbindung. Die wichtigsten Zutaten:
- Der Stellentitel entscheidet. „Kundenberater — 2 Tage Homeoffice/Woche (m/w/d)“ zieht mehr Aufmerksamkeit als ein simples „Kundenberater (m/w/d) gesucht“.
- Die ersten Zeilen sind entscheidend. Ein kraftvoller Elevator Pitch wie „Du liebst es, Kunden glücklich zu machen und möchtest in einem Team arbeiten, das zusammenhält?“ weckt sofort Interesse.
- Anforderungen müssen greifbar sein. Die klare Trennung in „Muss“ und „Kann“ nimmt Bewerbern die Unsicherheit.
- Job-Branding schlägt Employer-Branding. Bewerber wollen wissen: Was erwartet mich konkret? Wie sieht mein Arbeitsalltag aus?
- Authentizität ist alles. Ein echtes Foto vom Team oder Arbeitsplatz schafft mehr Vertrauen als jede Marketing-Floskel.
Gibt es typische „No-Gos“, die Unternehmen unbedingt vermeiden sollten, wenn sie Talente ansprechen wollen?
Die häufigsten No-Gos in Stellenanzeigen sind:
- Unpersönlichkeit in Bild und Text. KI-generierte Texte oder Stockfotos zerstören Authentizität. Setzen Sie auf echte Fotos und eine einladende Sprache.
- Unklare Gehaltsangaben. Vermeiden Sie Adjektive wie „attraktiv“ oder „wettbewerbsfähig“. Nutzen Sie stattdessen realistische Gehaltsspannen.
- Zu starre Anforderungen. Statt „Mindestens 5 Jahre Berufserfahrung“ besser „erste relevante Berufserfahrung“ oder „zwischen 2 und 5 Jahren“.
- Fehlende Einblicke in den Arbeitsalltag. Ein kurzes Beispiel wie „Dein typischer Tag bei uns beginnt mit …“ hilft Bewerbern bei der Identifikation.
- Inhaltsleere Floskeln. Begriffe wie „spannende Aufgaben“ oder „dynamisches Umfeld“ vermeiden. Konkret werden!
Wie wichtig ist es, die Sprache der Zielgruppe zu treffen, und wie gelingt das in der Praxis?
Die Sprache der Zielgruppe zu treffen ist entscheidend – sie ist der Schlüssel, um Bewerber nicht nur zu erreichen, sondern zu begeistern.
So gelingt es in der Praxis:
- Fragen Sie Ihre Zielgruppe direkt. Nutzen Sie bestehende Netzwerke und Social-Media-Gruppen. Eine einfache Frage wie „Was würdet ihr vorab über uns als Arbeitgeber wissen wollen?“ liefert überraschende und ehrliche Antworten.
- Stützen Sie sich auf Daten. Studien und Marktumfragen von Plattformen wie Stepstone, Indeed oder Glassdoor bieten wertvolle Einblicke in die Bedürfnisse Ihrer Zielgruppe.
- Lernen Sie von den Besten. Inspirieren Sie sich von erfolgreichen Stellenanzeigen in Ihrer Branche und passen Sie bewährte Konzepte an Ihre Bedürfnisse an.
Welche schnellen Maßnahmen können Unternehmen ergreifen, um ihre bestehenden Stellenanzeigen sofort zu verbessern?
Der Stellentitel ist Ihr wichtigster Hebel für schnelle Verbesserungen:
- Zeichenanzahl optimieren: Jobportale begrenzen oft auf 60–67 Zeichen. Nutzen Sie klare Trennzeichen wie „|“ (z. B. „Recruiter | Grüner Wasserstoff | Berlin“).
- Präzise Jobtitel wählen: Niemand sucht nach „Personalkämmerer“. Wählen Sie gesuchte Begriffe wie „Recruiter“, „Techniker“ oder „Verkäufer“.
- Mehrwert zeigen: Ergänzen Sie klare Vorteile:
- „Recruiter | 4-Tage-Woche | Berlin“
- „Hausmeister | 20 €/Stunde | Fessenbach“
- Regionalität einbinden: Geben Sie klare Ortsangaben oder bekannte Punkte in der Region an.
Tipp: Sprechen Sie mit Menschen, die den Job bereits machen. Deren Antworten liefern die besten Insights für einen aussagekräftigen Titel.
Gibt es Tools oder Technologien, die Du besonders empfiehlst, um den Erfolg von Stellenanzeigen messbar zu machen?
Erfolg braucht Zahlen – und im Recruiting gibt es entscheidende Kennzahlen:
- Die Bewerbungsrate: Die Bewerbungsrate gibt an, wie viele Personen sich auf eine Stellenanzeige im Verhältnis zu den erreichten potenziellen Bewerbern tatsächlich bewerben. Sie zeigt also beispielsweise, wie attraktiv und überzeugend eine Stellenanzeige ist.
- Cost-Per-Application (CPA): Gesamtkosten der Stellenanzeige ÷ Anzahl der Bewerbungen = Kosten pro Bewerbung.
- Cost-Per-Fitting-Application (CPFA): Gesamtkosten ÷ Anzahl qualifizierter Bewerbungen.
- A/B-Tests der Titel: Testen Sie verschiedene Varianten:
- „Recruiter (m/w/d)“
- „Recruiter für erneuerbare Energien (m/w/d)“
Was war Dein größter Aha-Moment in Deiner Arbeit mit Stellenanzeigen? Gibt es ein Beispiel, das Dir besonders im Gedächtnis geblieben ist?
Im August 2023 arbeitete ich als Recruiter für einen Dienstleister im Bereich erneuerbare Energien, mit Fokus auf grünen Wasserstoff. Die Ausgangslage war herausfordernd: Mehrere große Personaldienstleister ohne Erfolge, begrenztes Budget und nicht wettbewerbsfähige Gehälter.
Die Lösung war eine komplett neue Stellenanzeige – ohne Floskeln, mit Fokus auf Zielgruppe und emotionalem Storytelling. Das Ergebnis: Qualifizierte Bewerbungen für jede ausgeschriebene Stelle. Mit weniger als 2.000 € Budget deckten wir 7 Stellenanzeigen ab – während Personaldienstleister fünfstellige Beträge forderten.
Diese Erfahrung führte zum Stellenanzeigen-Kochbuch: Ein System für Stellenanzeigen, das Bewerber emotional anspricht, die richtigen Talente anzieht und Unternehmen unabhängig von externen Dienstleistern macht.
Wie siehst Du die Zukunft von Stellenanzeigen? Werden sie auch in fünf oder zehn Jahren noch eine zentrale Rolle im Recruiting spielen?
Stellenanzeigen wurden tausendmal für totgesagt. Die Wahrheit: Sie bleiben zentral im Recruiting.
Was fehlt, ist ein neues Verständnis: Eine Stellenanzeige ist eine Recruiting-Landingpage – der Punkt, an dem Interesse zur Handlung wird.
Das bedeutet:
- Sie muss eine Geschichte erzählen, keine Bedienungsanleitung sein
- Sie benötigt Ecken und Kanten, die wirken
- Sie schafft die erste echte Verbindung
Die Zukunft liegt nicht in der Abschaffung, sondern in der Weiterentwicklung. Keine Stellenanzeige ist mehr nur Werkzeug – sie ist ein Erlebnis. Das Erlebnis, wie leicht Recruiting sein darf.
Vielen Dank, Michael, für das aufschlussreiche Gespräch und die praxisnahen Einblicke in die Welt der Stellenanzeigen. Es wird deutlich, dass eine gut durchdachte Anzeige weit mehr ist als nur eine Auflistung von Anforderungen – sie ist ein entscheidendes Werkzeug, um die richtigen Talente anzuziehen. Deine Tipps zeigen, dass auch kleine und mittelständische Unternehmen mit den richtigen Ansätzen viel erreichen können. Wir sind gespannt, wie sich das Recruiting weiterentwickelt und welche neuen Impulse Du künftig setzen wirst!
Dieses Gespräch führte: Dominik Bernauer

Dominik Bernauer ist Berater, Autor, Blogger und Ghostwriter.
Sein Themenspektrum erstreckt sich über diverse Bereiche wie, Employer Branding, HR, New Work, Digitalisierung, Medien, Marketing und Technologie.
Dominik unterstützt Unternehmen und Organisationen dabei, sich in diesen komplexen Feldern zurechtzufinden und ihre Ziele zu erreichen.

