Interview mit Sabine Burmeister von Bosch: Was gemeinnützige Projekte und angehende Führungskräfte gemeinsam haben

Interview mit Sabine Burmeister von Bosch: Was gemeinnützige Projekte und angehende Führungskräfte gemeinsam haben

Vom Bewerbungsmarathon in der Schulzeit geprägt, lenkte die studierte Medienwirtschaftlerin, Sabine Burmeister, 2008 ihren Weg in
den Personalbereich mit der Motivation und dem Ziel eine talentorientierte Bewerberansprache zu gestalten und Chancen zu bieten.

Die mehrfach ausgezeichnete Nachwuchspersonalerin entwickelte während ihren Stationen im Employer Branding, Recruiting & Talent Acquisition und Beratung stetig neue Wege in der Arbeitgebervermarktung und Talentfindung – der Bewerber dabei immer im Fokus.

Sabine Burmeister (Bosch)

Als Teilnehmerin im Entwicklungsprogramm für Nachwuchsführungskräfte konzipiert und führt Sabine Bewerbertrainings für straffällige Jugendliche. Denn Bosch erwartet von seinen Führungskräften mehr als nur das reine Management. Leadership ist gefragt. Das geschieht nicht nur im Unternehmen selbst, sondern bei gemeinnützigen Projekten. Für die angehenden Führungskräfte bedeutet diese Arbeit immer auch einen Perspektivwechsel.

Hallo Sabine und Danke, dass Du uns heute für ein kurzes Interview zur Verfügung stehst. Wir fangen direkt an:

Queb: Stell Dich doch bitte unseren Lesern einmal kurz vor!

Hi, mein Name ist Sabine und ich arbeite seit 2017 in der Unternehmenszentrale der Bosch Gruppe bei Stuttgart. Im Personalmarketing verantworte ich mit meinem Team die digitalen HR-Auftritte und Online-Kommunikation der Bosch Gruppe weltweit. In den nächsten Jahren suchen wir über 25 000 Software Engineers, was für uns eine tolle Challenge ist.

Parallel leite ich im Tandem den Queb Arbeitskreis „Online-Marketing“ mit knapp 60 Teilnehmern. Bosch ist ein langjähriges Mitgliedsunternehmen beim Queb Bundesverband. Wir profitieren dabei stark von zahlreichen Kooperationen, Arbeitskreisen und der engen Partnerschaft.

Interview mit Sabine Burmeister von Bosch: Was gemeinnützige Projekte und angehende Führungskräfte gemeinsam haben

Queb: Stell doch bitte unseren Lesern Dein Unternehmen einmal kurz vor! (Was macht Ihr? Wie viele Mitarbeiter habt Ihr? Standorte, usw.).

Seit mehr als 130 Jahren verbinden sich mit dem Namen „Bosch“ zukunftsweisende Technik und bahnbrechende Erfindungen, die Geschichte geschrieben haben.

Die Bosch-Gruppe ist ein international führendes Technologie- und Dienstleistungsunternehmen mit weltweit rund 410 000 Mitarbeitern in rund 60 Ländern (Stand: 31.12.2018). Bosch ist in den unterschiedlichsten Bereichen tätig: die Aktivitäten gliedern sich in die vier Unternehmensbereiche Mobility Solutions, Industrial Technology, Consumer Goods sowie Energy and Building Technology.

Als führender Anbieter im Internet der Dinge (IoT) bietet Bosch innovative Lösungen für Smart Home, Smart City, Connected Mobility und Industrie 4.0. Mit seiner Kompetenz in Sensorik, Software und Services sowie der eigenen IoT Cloud ist das Unternehmen in der Lage, seinen Kunden vernetzte und domänenübergreifende Lösungen aus einer Hand anzubieten.

Strategisches Ziel der Bosch-Gruppe sind Lösungen für das vernetzte Leben. Mit innovativen und begeisternden Produkten und Dienstleistungen verbessert Bosch weltweit die Lebensqualität der Menschen – kurz: „Technik fürs Leben“.

Queb: Bosch legt einen besonderen Wert auf die Förderung von gesellschaftlichem Engagement. Wie darf man sich das vorstellen und was hat das mit HR zu tun?

Nachhaltigkeit bedeutet für die Bosch-Gruppe, den langfristigen Unternehmenserfolg zu sichern und gleichzeitig die natürliche Lebensgrundlagen heutiger und künftiger Generationen zu schützen. Gemäß unserem Nachhaltigkeitsverständnis engagieren wir uns u.a. im Bereich „Gesellschaft“ und „Mitarbeiter“ mit diversen Tätigkeiten. Die Kooperation mit gemeinnützigen Initiativen ist bei uns zum Beispiel ein fester Bestandteil unseres „Talent Pool Programms“ für angehende Führungskräfte und Fachexperten.

Bosch erwartet von seinen Führungskräften mehr als nur das reine Management. Gefragt sind vor allem Leadership-Fähigkeiten über drei Führungsperspektiven hinweg: Leading my Business, Leading my Self, Leading Others.

Bosch: erfolgreich Bewerben

Queb: Wie genau hilft die Kooperation mit gemeinnützigen Initiativen den Nachwuchsführungskräften?

Im Rahmen der CSR-Projekte arbeiten die Talentpool-Teilnehmer außerhalb ihres gewohnten Arbeitsalltags. Ob vor Ort in ehrenamtlichen Vereinen, Hilfsorganisationen und/oder sozialen Einrichtungen – das Angebot für die CSR-Teilnehmer ist sehr vielfältig und jede Kompetenz willkommen. Ebenso hoch die Nachfrage nach motivierten Menschen, die einen gesellschaftlichen Beitrag leisten wollen. Jedes Projekt zeigt dabei, was es heißt, im nicht gewohnten Büroumfeld andere zu unterstützen, anzuleiten und gemeinsam ein Ziel zu erreichen. Durch diesen Perspektivwechsel bei der Zusammenarbeit werden neben dem Blick über den Tellerrand auch die Leadership-Fertigkeiten gefordert und gefördert.

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Queb: Kannst Du ein Beispiel nennen, wie das in der Praxis aussieht?

Ich habe zum Beispiel am Projekt „Seehaus“teilgenommen. Als Alternative zum geschlossenen und offenen Jugendstrafvollzug betreibt der Seehaus e. V. Strafvollzug in freier Form im Seehaus Leonberg (Baden-Württemberg) mit Ausbildungsbetrieben in den Bereichen Schreinerei, Zimmerei/Bau, Metall sowie Garten- und Landschaftsbau.

In unserem CSR-Projekt haben wir eine Ferienprogramm für straffällige Jugendliche im Alter zwischen 16 und 25 Jahren im Seehaus Leonberg vor Ort ausgestaltet. Unsere Aufgabe war es, an den schulfreien Tagen eine sinnhafte Ergänzung zum Lehrunterricht zu entwickeln, welche einerseits den strikten Vorgaben des Strafvollzugs Leonberg entspricht, den Jugendlichen inhaltlich weiterhilft und zeitgleich mit ca. 20 Personen mit unterschiedlichsten Einstufungen und Kenntnissen durchzuführen ist. Dabei herausgekommen ist eine Mischung aus Bewerbertraining, Kochkurs, Do-it-yourself-Videoworkshop, Rugby Training, Werksführung, Finanzplanspiel mit Excel Schulung sowie einem Kletterausflug.

Queb: Gab es Maßnahmen, die bei den Jugendlichen besonders gut ankamen?

Das Bewerbertraining wird auf jeden Fall sehr gut angenommen. Es bietet viele Möglichkeiten für die Jugendlichen, um herauszufinden was der Einzelne gerne möchte und was nicht. Klingt trivial, ist aber ein entscheidender Erfolgsfaktor für einen erfolgreichen Berufseinstieg und langfristige Motivation. Ebenso haben wir gemeinsam versucht herauszufinden, was diese jungen Menschen vielleicht schon besonders gut können oder wofür ihr Herz schlägt. Ebenso steht auch der Umgang mit Frustration auf der Agenda, zum Beispiel zur Entwicklung von Strategien, um die Motivation auch im Falle einer Absage hoch zu halten. Jeder von uns hat schon einmal eine Job-Absage bekommen. Den Jugendlichen gerade hier Mut zu machen, auch durch eigene Erfahrungen und Erfahrungen rund um den Berufseinstieg, ist essentiell. Ziel des Trainings ist es, realistische Wünsche zu formulieren, um sie dann auch mit dem nötigen Ehrgeiz, Mindset und Skills verfolgen zu können.

Queb: Das klingt sehr spannend! Hast Du für Dich persönlich auch etwas gelernt und wie geht es mit den Projekten weiter?

Ja, in der Tat hatte ich so einige persönliche Aha-Momente. Mich hat es sehr beeindruckt, wie selbstreflektiert die Jugendlichen im Bewerbertraining sind und mit unheimlich viel Motivation mitgemacht haben und es als sehr große Chance erkennen. Die persönlichen Geschichten, gestellten Fragen und Befürchtungen der Jugendlichen haben mich dabei sehr bewegt.

Außerdem konnte ich mit der Teilnahme an dem Projekt auch eigene Vorbehalte abbauen sowie eine neue Alternative für einen Strafvollzug kennenlernen. Als ich das erste Mal das Gelände betrat war es für mich eine absolut ungewohnte Umgebung: Gefängnis? Keine Mauern? Wie soll ich reagieren und mich verhalten vor der Gruppe? Dies liegt gewiss außerhalb der gewohnten Komfortzone im Konferenzraum zu präsentieren. Ich konnte dabei lernen, mich schnell auf eine unbekannte Situation einzulassen, die ich vorher nicht einschätzen konnte und dabei auch in emotional-aufgeladenen Momenten der Teilnehmer die Gruppe zusammenzuhalten: flexibel, situativ und kreativ.

Das Feedback, die Geschichten und die tolle Mitarbeit der Jugendlichen hat mich dazu bewegt, mich beim Projekt Seehaus weiterhin privat zu engagieren und auch in Zukunft das Bewerbertraining anzubieten. Ich kann es absolut empfehlen!

Liebe Sabine, Danke für den spannenden Einblick und das Interview. Wir wünschen Bosch auch für die Zukunft viele gute Nachwuchsführungskräfte, die mit dem nötigen Blick über den Tellerrand echte Leadership Qualitäten erlangen können!