Marcel Rütten im Gespräch: Schicht im Schacht, Evolution im Recruitings und Recruiting Analytics

Mit der ersten Auflage der Recruitingkonferenz Schicht im Schacht hat Marcel Rütten 2023 einen Nerv getroffen. Aber Marcel macht viel mehr als „nur“ Recruitingkonferenzen. Deswegen sprechen wir im Interview nicht nur über die Schicht im Schacht 2024, sondern auch über seine Investments, Recruiting Analytics in Organisationen, sein neues Buch und vieles mehr.

Wir wünschen euch viel Spaß & Inspiration bei unserem Interview!

Stell dich unseren Lesern bitte einmal kurz vor! Wer bist du, was machst du, was hast du vorher gemacht?

Marcel Rütten im Gespräch: Schicht im Schacht, Evolution im Recruitings und Recruiting Analytics | Marcel Ruetten

Das mache ich sehr gerne! Mein Name ist Marcel Rütten und ich bin seit über 15 Jahren im Personalmanagement tätig. Als Global Talent Acquisition Lead in unterschiedlichen Unternehmen durfte ich das Recruiting und Employer Branding in unterschiedlichen Märkten in Europa in all seinen Facetten kennenlernen.  Heute berate ich als Recruiting Strategy Consultant mit dem Verständnis eines Corporate-Vertreters andere Unternehmen dabei, den Reifegrad ihrer TA-Organisation zu erhöhen. Als Blogger von HR4Good, Podcaster von Clever & Smart und als Buchautor teile ich außerdem mein Wissen mit einer riesigen Community anderer HR- und Recruitingbegeisterter. In den letzten zehn Jahren durfte ich dabei eine Menge spannender Persönlichkeiten kennenlernen und habe nicht zuletzt deswegen die Recruitingkonferenz „Schicht im Schacht“ ins Leben gerufen, die dazu beitragen soll, die weitere Professionalisierung des Berufstands im deutschsprachigen Raum voranzutreiben.

Die erste Schicht im Schacht war letztes Jahr ein riesiger Erfolg. Das ist alles andere als selbstverständlich, wo es doch inzwischen HR-Events wie Sand am Meer gibt. Alles deutet darauf hin, dass ihr auch dieses Jahr wieder für Furore sorgt. Was macht die Schicht im Schacht so erfolgreich?

Ich glaube die Faktoren dafür sind vielfältig. Für mich steht und fällt der Erfolg einer Konferenz vor allem mit den präsentierten Inhalten. Dadurch, dass ich mich immer schon für die neuesten Trends im Recruiting interessiert habe, ist es mir relativ einfach gefallen, ein gehaltvolles Programm zu kuratieren. Die Schicht im Schacht ist außerdem die erste Recruitingkonferenz, die von einem Corporatevertreter und nicht von einem Dienstleister initiiert wurde. Dadurch, dass ich in den letzten Jahren selbst als Speaker und Teilnehmer auf unzähligen Events war, wollte ich halt ein Event kreieren, auf das ich selbst gerne gehen möchte. Von daher lebt das Event von der Liebe zum Detail und der persönlichen Note das Ruhrgebiet mit seiner Historie adäquat zu repräsentieren – ohne es kitschig wirken zu lassen. Mit dem ehemaligen Hüttenwerk im Landschaftspark Duisburg-Nord als Location haben wir dafür natürlich einen perfekten Ort, der dieses Gefühl von harter Arbeit und der notwendigen Transformation einer gesamten Region an jeder Ecke überträgt.

Welche zentralen Erkenntnisse hast du für dich persönlich aus der Schicht im Schacht 2023 mitgenommen?

Inhaltlich ist für mich auf jeden Fall hängengeblieben, dass Personalgewinnung dieser Tage extrem facettenreich ist. Um in dieser Disziplin erfolgreich zu sein, brauchen sowohl Arbeitgeber als auch die Spezialist:innen, die sich in Unternehmen mit dem Thema beschäftigen, einen Blumenstrauß an Kompetenzen, der so vermutlich einzigartig ist. Außerdem habe ich noch einmal mehr erlebt, wie offen Personaler:innen entgegen ihres Rufs sind und wie anschlussfähig die deutschsprachige HR-Szene ist. Es spielt keine Rolle, ob du dich bereits 10 Jahre oder erst 10 Monate in dem Beruf mit den Themen beschäftigst. Alle haben ein offenes Ohr für den anderen und hören mit Interesse zu, welchen Ansatz du verfolgst den Fachkräftemangel in deinem Unternehmen zu bewältigen.

Die Schicht im Schacht ist ausdrücklich ein Recruiting-Event. Was würdest du sagen, was gegenwärtig die größten Herausforderungen im Recruiting sind, vor denen Arbeitgeber stehen?

Für mich steht der demographische Wandel als zentrale Herausforderung für alle Arbeitgeber. Natürlich können und werden wir in den nächsten Jahren einiges automatisieren. Ob das allerdings ausreichen wird, um die Lücken zu schließen und den Bedarf zu decken, wird sich zeigen. Bis dahin tun Arbeitgeber aber gut daran, ihre Maßnahmen und Aktivitäten strategisch auszurichten und weniger von der Hand in den Mund zu leben. Genau dieses Spannungsfeld scheint mir bei der aktuellen wirtschaftlichen Situation eine der größeren Herausforderungen zu sein, die Arbeitgeber momentan beschäftigt.

Marcel Rütten im Gespräch: Schicht im Schacht, Evolution im Recruitings und Recruiting Analytics | Schicht Im Schacht

Jo Diercks von hat in seinem Blog zuletzt kritisch hinterfragt, wie „sozial“ Social Networks noch sind. Inwiefern glaubst du, beeinflussen soziale Netzwerke und digitale Plattformen die Bereiche Recruiting und Employer Branding demnächst (noch)?

Ich kenne und folge – wie alle anderen auch – Personen, die ich bisher nur digital kennengelernt habe. Manchmal fällt es mir allerdings schwer, die Authentizität hinter den Aussagen einzuschätzen oder einzuordnen. Das macht es natürlich schwer eine echte Beziehung aufzubauen – vor allem dann nicht, wenn ich das Gefühl habe, dass sie nur dem Zwecke dient, dass ich ein bestimmtes Produkt kaufen oder als Kandidat zu einem Arbeitgeber wechseln soll. Dennoch bin ich gespannt, wie sich das Thema der Corporate Influencer in den nächsten Jahren entwickeln wird. Man darf das alles aber vermutlich nicht überbewerten. Ich vergleiche das eher mit Fußballer:innen, die heute beim Torjubel vor lauter Identifikation das Wappen ihres Vereins küssen und morgen schon in einem neuen Jersey auflaufen.

Du hast gerade mit Tim Verhoeven ein neues Buch veröffentlicht. Recruiting Analytics und KPIs sind die zentralen Themen. Was würdest du Unternehmen, die den ersten Schritt hin zu einer datengetriebenen Recruiting-Strategie machen möchten, unbedingt raten?

Aus meiner Perspektive sollten Unternehmen, die mit einer datengetriebenen Recruiting-Strategie arbeiten möchten, darauf einstellen, dass sie sich womöglich von liebgewonnenen Dingen trennen müssen und hier und da alte Zöpfe abschneiden müssen. Das können IT-Lösungen sein, die aus der Zeit gefallen sind. Oder Prozesse, die schon immer so gemacht wurden oder die Zusammenarbeit mit bestimmten Dienstleistern, die nicht mehr den Anforderungen entsprechen. Denn eins ist klar: Daten schaffen Transparenz und decken Schwachstellen auf.

Ihr schreibt im Buch über die Implementierung von Recruiting Analytics in Organisationen. Welche häufigen Stolpersteine sollten Unternehmen dabei beachten und wie kann euer Buch ihnen helfen, diese zu überwinden?

Arbeitgeber und insbesondere HR-Bereiche denken häufig noch, dass die Arbeit mit Daten und Zahlen im Recruiting erst dann möglich ist, wenn es bereits eine komplette Infrastruktur aus moderner Technik, ausgereiften Prozessen und Scharen von Kompetenzträgern im Unternehmen gibt. Das ist aber mitnichten so. Man muss noch nicht einmal viel Budget einsetzen oder Statistik studiert haben. Es ist nämlich viel einfacher als das. Wir haben beim Schreiben des Buchs daher sehr darauf geachtet, dass sich sowohl Einsteiger:innen als auch Expert:innen wiederfinden und praktische Tipps mitnehmen, wie sie den Reifegrad im Recruiting basierend auf Daten erhöhen können. 

Marcel Rütten im Gespräch: Schicht im Schacht, Evolution im Recruitings und Recruiting Analytics | Buchcover Recruiting Analytics

Ihr diskutiert Buch unter anderem Dashboards und Analysemethoden. Kannst du ein konkretes Beispiel nennen, wie ein solches Dashboard die strategischen Recruiting-Ziele unterstützen kann?

Das hängt ehrlicherweise ein wenig davon, wie weit das Unternehmen schon ist. Wenn ich auf der grünen Wiese starte, reicht mir im Zweifel zunächst eine PowerPoint-Folie mit fünf relevanten Kennzahlen. Etwa Arbeitgeberscore, Traffic auf der Karrierewebseite, Top 5 Jobs, Social Media Follower oder der Anzahl der Initiativbewerbungen. Wichtig ist, dass sie die richtigen Probleme adressieren. Ehrlicherweise arbeite ich selbst, aber mit unterschiedlichen Dashboards, die unterschiedliche Bereiche wie die Karrierewebseite oder die Bewerbungsprozesse analysieren. Darüber hinaus kommt es darauf an, wer die Rezipienten der Dashboards sind und wie granular die Daten für diese Zielgruppe bereitgestellt werden sollen.

Gibt es deiner Meinung nach Methoden oder Ansätze, die einen besonders großen Impact auf die Talentakquise haben?

Für mich sind Mitarbeiterempfehlungen ein besonders erfolgreicher Ansatz. Der Ansatz ist nicht neu, aber besonders wirkungsvoll. Die Performancedaten bei diesem Kanal zeigen mir, dass die Preselektion durch die eigenen Kolleg:innen zu einer deutlich hören Qualität im Durchschnitt führt. Das Ganze ist dann häufig auch noch deutlich kostengünstiger und schneller als andere Ansätze.

Abschließend würden wir gerne noch etwas über deine Zukunftspläne erfahren: Was werden wir dieses Jahr noch von dir sehen / lesen / hören und wie geht es 2025 mit Schicht im Schacht weiter? 😉

Sowohl dieses als auch nächstes wird noch eine ganze Menge passieren! Alles kann ich leider noch nicht verraten, aber es wird auf jeden Fall weiterhin wöchentlich eine neue Folge von Clever & Smart mit Cliff Lehnen und mir als HR-Agenten geben. Die 4. Staffel des Schicht im Schacht-Pottcasts, den ich gemeinsam mit Robindro Ullah aufnehme, ist auch schon geplant. Aus meinem Blog HR4Good entwickelt sich gerade eine strategische Recruitingberatung. Es wird eine ganze Reihe unterschiedlicher Events geben und die Schicht im Schacht 2025 steht ebenso in meiner Planung. Darüber hinaus plane ich noch das eine oder andere Investment in HR sowie einige spannende Kooperationen. Du merkst schon: Ich bin voller Tatendrang, weil ich die aktuellen Zeiten in und für HR extrem aufregend finde!

Apropos Tatendrang: Was hat sich denn eigentlich im vergangenen Jahr bei deiner Plattensammlung getan? Eigentlich dürfte bei all deinen Aktivitäten für dein Hobby doch gar keine Zeit mehr sein, oder?

Im letzten Jahr sind auf jeden Fall noch einmal Hunderte dazu gekommen. Falls meine Frau dich fragen sollte, sag aber bitte nicht davon!

Ok, ist gut. Wir schweigen wie ein Grab und verraten auch dem Statiker nichts von der Zunahme. 😉
Danke für das spannende Interview, lieber Marcel!

Neue Runde, neue Chancen: Bewerbt euch für die Queb HR Innovation Awards 2024!

FAQ HR Analytics

Was sind Recruiting Analytics?

Recruiting Analytics umfassen die Sammlung, Analyse und Interpretation von Daten im Rekrutierungsprozess. Ziel ist es, Einblicke in die Effizienz und Effektivität der Talentakquisitionsstrategien zu gewinnen. Dies beinhaltet die Bewertung verschiedener Kennzahlen wie Zeit bis zur Einstellung, Kosten pro Einstellung, Qualität der Einstellungen, Quellen der besten Kandidaten und die Effektivität der genutzten Rekrutierungskanäle.

Welche Tools und Technologien werden für Recruiting Analytics verwendet?

Es gibt eine Vielzahl von Tools und Technologien, die im Bereich der Recruiting Analytics eingesetzt werden, von spezialisierten Analytics-Plattformen bis hin zu integrierten Modulen in Applicant Tracking Systems (ATS). Diese Tools bieten Funktionen zur Datenerfassung, -analyse und -visualisierung, um Trends zu erkennen, Leistungsindikatoren zu überwachen und Berichte zu generieren.

Was sind KPIs im Kontext von HR und Recruiting?

KPIs (Key Performance Indicators) sind messbare Werte, die den Erfolg von Aktivitäten und Strategien im Bereich Human Resources (HR) und Recruiting anzeigen. Sie helfen Unternehmen, die Effektivität ihrer Personalmanagementprozesse zu bewerten und informierte Entscheidungen zur Verbesserung zu treffen.